Ingo Reichart Sieger der Deutschen Meisterschaft auf Zwift 2019

ingo-reichart400x362Ingo Reichart vom RSC AUTO BROSCH Kempten gewann am 24.02.2019 die Deutschen Meisterschaften auf Zwift. Noch ist das Ergebnis inoffiziell, aber der Zieleinlauf war eindeutig und Ingo hat eine BDR-Lizenz für 2019. Bereitwillig stellte sich der 44-jährige Allgäuer nach dem Rennen den Fragen des 2. RSC-Vorstands:

Ingo, herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Meistertitel auf Zwift. Du galtest unter den Insidern als einer der Top-Favoriten, aber man wusste nicht, wer alles mitfahren wird, insbesondere nachdem das Rennen erstmals vom BDR als offizielles Lizenzrennen ausgeschrieben wurde. Mit welchen Erwartungen bis Du an den Start gegangen?
Meine Erwartungen waren schon ambitioniert, aber bei allen Zwiftrennen gibt es immer wieder „last-minute-Meldungen“ von Fahrern, die man im Vorfeld nicht auf dem Zettel hat. Zudem gehen bei einem solchen Event natürlich auch immer einige Top-Fahrer an den Start, die in der „Outdoorwelt“ starke Ergebnisse aufweisen. Die letzten Wochen habe ich aber dazu genutzt, um in zahlreichen virtuellen Rennen an meinem Sprint zu arbeiten und um das taktische Fahren auf Zwift zu verbessern. Auch hilft einem generell die eine oder andere „Kniebeugen-Session“. 😉 Meine guten Ergebnisse aus den letzten Zwiftrennen gaben mir dann auch ein ordentliches Vertrauen in meine Stärken.

Wie ist das Rennen für Dich gelaufen?
Richtig gut. Ich konnte wie geplant an den vier nicht so langen Anstiegen mit den starken Fahrern mithalten und habe mich äußerst kraftsparend auf den Zwischenpassagen zurückgehalten. Ca. 2 km vor dem Ziel habe ich die letzten Attacken von Philipp Diegner mit den anderen 3 übrig gebliebenen Fahrern entschärfen können. Die Rechnung ging also auf und so konnte ich alles in den entscheidenden Sprint reinlegen. BÄM!

Es waren einige prominente Strassenfahrer am Start, die vorher kaum oder gar keine Rennen auf Zwift gefahren sind, wie z.B. der Top-Bundesligafahrer Marcel Fischer. Die konnten sich aber nicht ganz vorne platzieren. Was ist der Unterschied zwischen einem Strassenrennen und einem Zwiftrennen?
Da gibt es wirklich sehr viele Unterschiede und Feinheiten, auf die man bei einem virtuellen Zwiftrennen achten muss. Dies beginnt bei der Wahl der entsprechenden Radtypen (z.B. Aeroräder) wie auch der Wahl von Läufrädern, die einem bei schnellen Kursen Aero- und damit Zeitvorteile bieten. Diese musst du dir aber über fleißiges, virtuelles Kilometersammeln quasi erst als Bonus erarbeiten. Hinzu kommt dann auch der enorme „Draft“ (Windschatteneffekt), den vor allem ein sehr großes Fahrerfeld bewirkt. Manche Rennen wie z.B. die DM auf Zwift werden sogar unter der Vorgabe von „Doppeldraft“ gefahren, so dass der Effekt hier nochmals unvergleichlich höher ist. Hier heißt es mitschwimmen und ja nicht aus der Gruppe fallen, um ein aufreibendes „Lochzufahren“ zu vermeiden. Einen weiteren (bei vielen Fahrern umstrittener) Zusatzfaktor stellen schließlich die sog. Powerups dar. Dies sind z. B. für ca. 15-25 Sek. aktivierbare „Boosts“, welche im Gegensatz zur „Straßenwelt“ die in der virtuellen Welt nicht zu simulierenden Fahrpositionen ausgleichen sollen. So ist es etwa beim Anfahren eines Sprints auf Zwift nahezu unmöglich am Hinterrad eines starken Fahrers langanhaltend positionsstabil zu lutschen. Diese Boosts musst du also klug einsetzen und mit ihnen „haushalten“. Beim Sprint um die DM hatten alle fünf Fahrer zum Schluß noch einen finalen „Aero-Boost“ übrig und setzten diesen natürlich gezielt ein.

Was ist Dein sportlicher Background, seit wann fährst Du Rad und wie hast Du Dich auf die Meisterschaft vorbereitet?
Ich selbst bin mit der Leichtathletik groß geworden und habe mich dann mit 17 Jahren aufs Speerwerfen bis in den deutschen Jugendkader spezialisiert. Im Winter habe ich mir mit meinen Langlaufskiern auf dem Sportplatz um die Ecke die Skatingspur selbst gelegt und viele Jahre in der Halle Handball gespielt. Die Liebe zum Radfahren habe ich entdeckt, als ich zum 13. Geburtstag mein erstes Rennrad bekommen habe. Damals ein weiß-gelb-schwarzes Raleigh-Bike mit Rasterschaltung am Unterrohr. Von da an war die Liebe zum Radsport voll entfacht. Als Vorbereitung auf die DM bin ich viele Zwiftrennen auf den unterschiedlichsten Terrains und Distanzen gefahren (zwischen. 20 und 100 km). Sich dabei die Taktik von unerreichbaren Überfliegern (wie z.B. Leandro Messineo) abzuschauen ist echt faszinierend. Zum Schluss ist es vor allem aber auch die Bereitschaft, sich „indoor quälen“ zu können. Hierzu motivieren aus meiner Sicht all die möglichst realitätsgetreuen Bedingungen auf Zwift. 

Mit welchem technischen Setup bist Du auf Zwift unterwegs?
Ich fahre auf einem Smarttrainer Wahoo Kickr der 4. Gen. von 2018. Auf diesem habe ich einen soliden Alurahmen mit einer 2-fach Schaltung vorne und einer 11-fach-Schaltung hinten montiert. Als Übersetzung fahre ich 53/39 vorne und 11-25 hinten.

Du startest auf Zwift für das Team Kirchmair Cycling des Coaches Stefan Kirchmair aus Österreich. Wie kam es dazu?
Über unseren RSC-Teamkollegen Klaus Näher wurde ich von Stefan Kirchmair angesprochen. Stefan ist für die Zwift-Community äußerst stark engagiert und hat es geschafft, in kurzer Zeit eine doch sehr schlagkräftige Truppe aufzubauen. Als professionelles Features ist hier z. B. die Kommunikation der Team-Fahrer über einen Discord-Chat (Team-Funk) zu nennen. Da merkst du dann erst, was alles machbar ist. Irre. 

Was sind Deine sportlichen Ziele in 2019?
Auf jeden Fall mit dem RSC-Jedermann-Team bei einigen Rennen an den Start zu gehen, evtl. ein paar gute Ergebnisse einzufahren und einfach mit dem Team jede Menge Spaß haben. Auch die Meldung an dem einen oder anderen Masters-Lizenzrennen steht ganz klar in meinen Büchern.

Wie stehts Du zum Thema e-Sports? Da tut sich ja derzeit einiges. Sogar der BDR hat das Indoor-Radfahren kürzlich als Potential für sich entdeckt und es gibt erste Bestrebungen zur Kommerzialisierung mit Ligen, Preisgeldern etc. für Indoor-Wettbewerbe. Wäre das was für Dich?
Trotz meiner hohen Motivation für das Thema Indoor-Radfahren bin ich da (noch) zurückhaltend. Da es einerseits noch viele ungelöste Schwierigkeiten gibt, die Leistungen der Fahrer aufgrund zahlreicher beeinflussenden Faktoren (z.B. Größe, Gewicht, techn. Equipment, etc.) vergleichbar zu machen und andererseits das „echte Radfahren draußen“ letztlich immer nur annähernd simuliert wird, kann ich mir eine solche Professionalisierung derzeit noch nicht vorstellen. Aber die Dinge entwickeln sich und was das virtuelle Radfahren bereits heute schon zu leisten vermag, ist mehr als erstaunlich. Für den Moment aber freue ich mich einfach tierisch aufs „analoge Radieren“ auf unseren Allgäuer Straßen. 🙂

Vielen Dank Ingo und eine weiterhin erfolgreiche Saison 2019!


Ergebnisliste: https://www.zwiftpower.com/events.php?zid=142179

Live-Stream Replay: https://www.youtube.com/watch?v=iT88s5D5mH4

Update 31.03.2019: Zwift hat Ingos Leistung nicht anerkannt und stattdessen den Drittplatzierten Nico Heßlich zum Deutschen Meister gekürt. Ingo wurde aufgefordert, u.a. Leistungsnachweise von über 25 Strava-Outdoor-Segmenten mit Leistungsmesser zu erbringen über 15sec, 1min, 2min, 5min und 1Omin. Aktuell hat Ingo ca. 300 Strava-KOMs im Allgäu inne und wer hier fährt weis, wie hoch die Leistungsdichte hier ist. Er hat alle Nachweise erbracht außer einem 15sec Nachweis. So kurze Segmente gibt es hier halt nicht. Nachweise von Rennen mit Peaks von über 1450 Watt wurden nicht akzeptiert. Das soll der Grund dafür gewesen sein, dass er nicht gewertet wurde. Abgesehen davon, dass im Reglement der DM von Zwift mit keiner Silbe irgendein Segmentnachweis als Bedingung erwähnt wird, erscheint diese Vorgehensweise ziemlich willkürlich und trägt leider nicht dazu bei, dass sich Zwift als ernsthafte Plattform für E-Sports etabliert, insbesondere wenn Spaßvögel wie Herr Gregor N. nicht sanktioniert werden, der innerhalb von 2 Tagen 30kg Gewicht in seinem Zwift-Profil „verliert“ und trotzdem in den Top 25 der DM herumgeistert… :-/

Das beste Bike auf Zwift …

… ist nicht das Tron-Bike.

Das futuristische Zwift Concept Z1 – auch Tron-Bike genannt – gilt allgemein als das schnellste, beste und deswegen meistbegehrte Bike auf Zwift, für das es sich lohnt, die notwendigen Strapazen der Everest-Challenge (50.000hm) auf sich zu nehmen. Ich fahre es nicht mehr, sondern stattdessen das Trek Emonda mit den Lightweight Meilenstein Laufrädern. Warum?

  • Als ich mir das Tron-Bike Mitte 2016 „erkletterte“, war ich damit ein Exot, heute fährt es fast jeder.
  • Der Avatar auf dem Tron-Bike hat nur eine Griffhaltung, d.h. ich sehe nicht, ob ich im „Draft“ bin oder nicht.
  • Das Blau des Tron-Bikes bekommt man nie genauso hin wie die Bündchen des VISION Kits.
  • Das Tron-Bike ist nicht mehr das schnellste Bike, zumindest bergauf. Mit den Lightweight Laufrädern ist das Trek schneller.

Deshalb:

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